So nimmt man Argumente an – Teil 1
In den letzten drei Folgen ging es um das geschickte Anbringen von Argumenten, darum, sich Gehör zu verschaffen. Aber das alleine ist nur eine Seite der Medaille, es ist ebenfalls nicht einfach, andere zum Sprechen zu bringen und ihnen zuzuhören und das Gesagte wirklich aufzunehmen. Die Gedanken schweifen ab, sind schon einige Schritte weiter, zum Beispiel bei der Formulierung der eigenen Gegenargumente, und ein Genervtes „Oh nein, nicht schon wieder diese Leier!“ mündet in eine innere Abwehr und verhindert das Zuhören. Es ist menschlich, so zu handeln, aber es verhindert das Aufnehmen wichtiger Informationen. Und das kann der eigenen Karriere sehr schädlich sein.
Heute geht es um die Frage, wie man denn nun an Informationen heran kommt, denn es gibt weit verbreitet die großen Schweiger und die, die es nicht gewohnt sind, von sich aus zu reden und denen es eher schwer fällt, wichtige Informationen weiter zu geben. Dabei lässt sich ein Instrument, das weiten Kreisen bekannt ist, bestens einsetzen: es handelt sich um den guten alten Spruch aus der Sesamstraße „Wer, wie, was, wieso, weshalb, warum, wer nicht fragt bleibt dumm!“
Es ist wahrscheinlich, dass den heute Fragenden (wenn sie vor der Sesamstraßenzeit geboren wurden) früh mit dem Spruch „Sei nicht so neugierig“ abgewöhnt wurde, Fragen zu stellen. Das war leider der falsche Tipp. Fragen zeigen nämlich, dass man am Gegenüber interessiert ist und das ist die Hauptsache, um Schweigende zum Reden zu bringen. Am besten geeignet zur Unterstützung des Redeflusses sind die so genannten W-Fragen, wie in dem oben zitierten Sesamstraßen-Jingle, denn das sind „offene“ Fragen, die man nicht einfach mit Ja oder Nein beantworten kann und damit wäre das Thema erledigt („Haben Sie Auftrag X erledigt?“ – „Ja.“, besser: „Was ist Ihnen Wichtiges bei der Bearbeitung aufgefallen?“), sondern sie regen an, ausführlicher zu antworten und damit Raum zu bieten für ein geschicktes Nachfragen (siehe Folge „Teil 3 – So kommen Argumente an“).
Wer fragt, der führt – das Sprichwort hat einiges für sich. Aber es sagt nichts darüber aus, ob das Gegenüber auch geführt werden will…Also muss Fingerspitzengefühl an den Tag gelegt werden und es darf keinesfalls ein Verhör oder eine Gängelung oder Nötigung zur Antwort durch die Gesprächsführung ausgelöst werden. Fragen ist okay, eine Motivierung zum Sprechen ist besser. Dazu gehört auch, dass man eine Frage nach der anderen stellt, und erst fort fährt, wenn die vorherige Frage beantwortet ist. Denn woher soll das Gegenüber wissen, welche Frage aus einer Fragensalve bitteschön zuerst beantwortet werden soll?
Wenn man die Bedingungen schafft, die es Menschen ermöglichen, über sich und ihre Belange (also auch ihre Arbeitsthemen) zu reden, gewinnt man viele Pluspunkte. Dazu richtet man die volle Aufmerksamkeit auf das Gegenüber. Man vermeidet es, die Augen schweifen zu lassen, man hält Blickkontakt, aber ohne zu starren. Die Mimik ist offen und freundlich und spiegelt den Inhalt des Gesagten, man zeigt damit, dass man konzentriert zuhört. Lächeln an den richtigen Stellen, Nicken und Bestätigen fördert den Redefluss. Es sind also eigentlich einfache Dinge, die es dem Anderen ermöglichen zu reden, aber Blockaden machen es schwer: außer dem „Sei nicht so neugierig“ kann es auch eine Umsetzung erschweren, wenn man befürchtet, langweilig zu wirken, wenn man sich lediglich aufs Zuhören beschränkt. Aber dem sei entgegen gehalten, dass Menschen, die sich auf andere konzentrieren unbewusst so positive Eigenschaften wie Charme, Intelligenz und Charakterstärke zugeschrieben werden. Jedoch auch die besten und schönsten Fragetechniken nutzen herzlich wenig, wenn jemand wortkarg ist und keine Bereitschaft zu reden mitbringt. Dann wartet man besser einen günstigeren Zeitpunkt ab.
Ein besonderer Hinweis: Reden ist Silber, Schweigen ist Gold – solange man selbst spricht, erfährt man nichts.