Dresscode bei dreißig Grad im Schatten
Kleider machen Leute – das wusste schon der Hauptmann zu Köpenick. Um Vertrauen zu einem Menschen fassen zu können, müssen das Aussehen einer Person mit dem inneren Bild übereinstimmen, das man sich von einem Menschen in der Position macht, die verkörpert werden soll. Klafft der tatsächliche und der phantasierte Eindruck auseinander, dann führt diese Diskrepanz zumindest zu einer Irritation, im schlimmsten Fall zu Ablehnung.
Laut einer Studie des Soziolinguisten Albert Mehrabian hängt die Wirkung, die Menschen aufeinander ausüben zu 55% vom Aussehen und Verhalten, zu 38% von der Stimme und nur zu 7% von dem Inhalt dessen, was gesagt wird, ab. Einer gern zitierten Studie von IBM zufolge macht beruflicher Erfolg sich lediglich zu 10% an der Fachlichkeit fest, 30 % am Image und 60% am Bekanntheitsgrad. Im Umkehrschluss bedeutet das, dass 90% des beruflichen Erfolges auf Selbstdarstellung beruht.
Zum Corporate Identity eines Unternehmens gehört das Erscheinungsbild seiner Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Je nach Unternehmensphilosophie und Branche reicht das Spektrum der akzeptablen Kleidung von klassisch-konservativ bis zu dezent-casual wear. Jedoch ist dieses Spektrum erstaunlich eng gefasst, casual wear bestenfalls freitags gestattet. Jeans, auch Edelmarken, gehören nicht ins Geschäftsleben. T-Shirts und Spaghettiträger ebenfalls nicht.
Im traditionellen Geschäftsleben erwartet man eine konservativ-klassische Kleidung – auch bei dreißig Grad im Schatten. Das bedeutet bei Herren dunkle Anzüge und Hemden mit langen Ärmeln sowie eine dezent gemusterte Krawatte. Keinesfalls sollte diese Kleidung gegen Shorts, Sandalen und T-Shirt getauscht werden, auch wenn das Unternehmen noch so unkonventionell ist. Erleichterung bei Hitze kann man sich korrekter Weise nur über die Wahl der Materialien verschaffen: Keine Synthetics, feine leichte Wollstoffe und Socken aus Seide. Die Socken sollten allerdings auch bei diesen Temperaturen so lang sein, dass bei übergeschlagenem Bein keine Haut zu sehen ist. Der Kragenknopf bleibt auf jeden Fall unter der Krawatte geschlossen.
Für Damen sieht der Dresscode bei Hitze auch nichts netteres vor. Hier besteht die klassische Variante aus dem dunklen Kostüm, heller Bluse, bzw. feinem Shirt, Strümpfen und geschlossenen Schuhen. Allerdings dürfen Blusenärmel auch einmal nur bis zum Ellenbogen reichen, aber Schultern und Oberarme müssen immer bedeckt sein. Strumpfhosen lassen sich durch Strümpfe ersetzen, die Schuhe müssen aber vorne geschlossen sein, das heißt, dass im Sommer Slingpumps in Ordnung sind. Wie für Männer gilt auch für Frauen ein Tabu bei Sandalen.
Für beide Geschlechter gilt, dass dünne Baumwollstoffe in kühlen frischen Farben eine optische Erleichterung über das Material und die Farbe bringen. Türkis weckt die Assoziation mit dem Meer, hellblau ebenso. Es sollten aber keine Bonbonfarben gewählt werden, da sie den Träger verniedlichen und damit unglaubwürdig machen. Körperpuder nach dem morgendlichen Duschen aufgetragen wirkt kühlend und wie ein Ganzkörperdeo. Aquasprays können auch über dem Makeup als erfrischende Gesichtsdusche verwandt werden.
Vor allem im Sommer sollte ein „Notfallpaket“ im Schreibtisch bereit liegen: ein frisches Hemd oder Bluse, Strümpfe und Unterwäsche, kühlendes Körpergel und ein leichtes Parfum, das an den letzten Urlaub erinnert bringen Erfrischung, angenehme Erinnerungen und damit Erholung und vermeiden peinliche Schweißflecke.
Ein besonderer Hinweis: Unternehmen der amerikanischen Ostküste gelten als die Trendsetter des Dresscodes. So erklären sich auch die rigiden Vorschriften, denn diese Unternehmen residieren in vollklimatisierten Räumen. Für unsere Verhältnisse zugeschnitten heißt das, dass man entweder nach der reinen Lehre gekleidet ist und acht Stunden im eigenen Saft schmort, oder kreativ die Regeln bricht. Bräunungscreme ersetzt im letzteren Fall die Strümpfe und Unterhemden sind bei diesen Temperaturen entbehrlich.