Die Grenzen meiner Sprache bedeuten die Grenzen meiner Welt.
Was denken Sie, wenn Sie den Satz ‚Die Grenzen meiner Sprache bedeuten die Grenzen meiner Welt‘ von Ludwig Wittgenstein lesen? Eine kritische Auseinandersetzung in unserer Sommer-Akademie, mit handfesten und alltagstauglichen Beispielen. Gender-Sprache lässt grüßen. Hier eine kurze Zusammenfassung
Sprache schafft Wirklichkeit
Sprache schafft Wirklichkeit, so das Ergebnis unserer kritischen Auseinandersetzung mit der Aussage Ludwig Wittgensteins: „Die Grenzen meiner Sprache bedeuten die Grenzen meiner Welt.“
Dass die Sprache Bedingung und Grundlage für die Gesamtheit menschlicher Vollzüge und kultureller Gestaltung ist, dieser Gedanke ist nicht erst in der sprach-analytischen Philosophie des 20. Jahrhunderts zum Thema geworden. Allerdings nimmt er hier mit der These von der Unhintergehbarkeit der Sprache, also der Feststellung, dass nur in der Sprache die Grundlagen der Sprache behandelt und geklärt werden können, einen zentralen Platz ein. Johann Gottfried Herder (1744) etwa sagte:
Ohne Sprache hat der Mensch keine Vernunft, und ohne Vernunft keine Sprache.
Johann Gottfried Herder (1744), Schriftsteller und Denker
Sprache verändert unsere Verstandesleistung und die Wahrnehmung unserer Welt
Das also bedeutet, dass nur die ständige Weiterentwicklung der Sprache, in individueller und in gesellschaftlicher Hinsicht, eine Entfaltung des Verstandes bewirkt. Benutzen wir neue Worte, lernen wir eine neue Sprache, dann verändert sich im Positiven unsere Verstandesleistung.
Die Aussage von Wittgenstein Aussage unterstreicht also die Vorstellung, dass Sprache nicht nur ein Mittel zur Kommunikation ist, sondern auch ein konstitutives Element unserer Wahrnehmung der Welt und unserer sozialen Realität. Die Wahl der Worte, die wir verwenden, beeinflusst, wie wir die Welt sehen, wie wir soziale Identitäten und Strukturen konstruieren und wie wir uns miteinander verständigen. Daher hat die Art und Weise, wie wir mit Sprache umgehen, erheblichen Einfluss auf die Gestaltung und Veränderung unserer sozialen und kulturellen Welt.
Ob wir hier von Jugendsprache reden, vom Gendern, von Anglizismen oder von Fachsprachen, alles das trägt zur Fortentwicklung unserer Persönlichkeit und unserer Gesellschaft bei – auch wenn es bestimmten Bildungskohorten unbequem bis lästig erscheint. Die Grenzen meiner Sprache bedeuten die Grenzen meiner Welt.
Gendern und die Macht der Sprache
Gendern und die Macht der Sprache: In Bezug auf das Gendern interpretieren wir Wittgensteins Aussage in dem Sinne, dass die Art und Weise, wie wir Geschlecht in unserer Sprache ausdrücken oder darstellen, die Grenzen dessen definiert, was wir in Bezug auf Geschlechteridentitäten und -rollen denken und verstehen können. Die Wahl von Pronomen, Bezeichnungen und sprachlichen Konventionen kann die soziale Wahrnehmung von Geschlecht beeinflussen und die Möglichkeiten zur Anerkennung von Vielfalt erweitern oder einschränken.
Jugendsprache und Identität
Jugendsprache und Identität: Jugendsprache ist ein Beispiel dafür, wie Sprache sich im Laufe der Zeit verändert und Generationen miteinander verbindet oder voneinander trennt. Die Art und Weise, wie Jugendliche sprechen, kann ihre Identität und Zugehörigkeit zu bestimmten sozialen Gruppen ausdrücken. Wittgensteins Aussage impliziert, dass die Wahl der Worte und Ausdrücke in Jugendsprache die Grenzen der sozialen Welt dieser Gruppen definieren kann, während sie gleichzeitig eine Verbindung zu anderen sozialen Welten herstellt oder unterbricht.
Fazit: Die enge Verbindung zwischen Sprache und Kultur
Wittgenstein betonte die enge Verbindung zwischen Sprache und Kultur. Die Art und Weise, wie eine Kultur Worte verwendet, um Dinge zu beschreiben oder Bedeutung zu schaffen, spiegelt ihre Werte, Überzeugungen und Normen wider. Wenn Sprache die Grenzen unserer Welt bedeutet, kann sie auch die Grenzen unserer kulturellen Welt und unserer gemeinsamen Realität definieren. Die Änderung oder Anpassung von Sprache kann daher Veränderungen in der Kultur und im sozialen Bewusstsein anstoßen.
Wer war Ludwig Josef Johann Wittgenstein?
Ludwig Josef Johann Wittgenstein (* 26. April 1889 in Wien; † 29. April 1951 in Cambridge) war einer der bedeutendsten Philosophen. Er lieferte wichtige Beiträge zur Philosophie der Logik, der Sprache und des Bewusstseins. In seiner einzigen zu Lebzeiten und erstmals 1921 veröffentlichten Schrift Tractatus logico philosophicus1 formulierte Ludwig Wittgenstein den Satz: „Die Grenzen meiner Sprache bedeuten die Grenzen meiner Welt.“ und trug damit maßgeblich zur Entwicklung eines Denkstils bei, der zu Beginn des 20. Jahrhunderts aufblühte.
Wer war Johann Gottfried Herder?
Johann Gottfried Herder * 25. August 1744 in Ostpreußen; † 18. Dezember 1803 in Weimar), war ein deutscher Dichter, Übersetzer, Theologe sowie Geschichts- und Kultur-Philosoph der Weimarer Klassik. Er war einer der einflussreichsten Schriftsteller und Denker deutscher Sprache im Zeitalter der Aufklärung und zählt mit Christoph Martin Wieland, Johann Wolfgang Goethe und Friedrich Schiller zum klassischen Viergestirn von Weimar.