WER-EINER-IST
WER-EINER-IST nach Hannah Arendt – politische Theoretikerin und Philosophin.
Unter dem Motto „Wie wirklich ist die Wirklichkeit? laden wir Sie ein zu unserer virtuellen Sommer-Akademie. Eine theoretische Auseinandersetzung mit philosophischen und sozialogischen Themen, in der Absicht mit Ihnen darüber ins Gespräch zu kommen.
Aus dem Werk von Hannah Arendt „Vita activa – Vom tätigen Leben“ diskutieren wir die Aussage:
„Das unverwechselbar einmalige des Wer-einer-ist, das sich so handgreiflich im Sprechen und Handeln manifestiert, entzieht sich dem Versuch, es eindeutig in Worte zu fassen.“
In diesen Sätzen geht es darum, dass wir nicht durch irgendwelche Adjektive beschreibbar sind, sondern im Gegenteil dadurch geradezu in der Masse verschwinden. Sobald wir versuchen zu sagen, wer einer ist, beginnen wir Eigenschaften zu beschreiben, die dieser Jemand mit anderen teilt und die ihm gerade nicht in seiner Einmaligkeit zugehören. Es stellt sich heraus, dass die Sprache, wenn wir sie als ein Mittel der Beschreibung des Wer benützen wollen, sich versagt und an dem Was hängen bleibt, so dass wir schließlich höchstens Charaktertypen hingestellt haben, die alles andere sind als Personen, hinter denen vielmehr das eigentliche Personale sich mit einer solchen Entschiedenheit verbirgt, dass man versucht ist, die Charaktere für Masken zu halten, die wir annehmen, um das Risiko des Aufschlusses im Miteinander zu verringern – gleichsam als schalteten wir eine Schutzschicht ein, um die bestürzende Eindeutigkeit des Dieser-und-niemand-anders-Seins abzudämpfen.“ (HA S. 222/223)
Handeln ist die Quelle unserer Freiheit und Würde
In ihrem Werk „Vita Activa – Vom tätigen Leben“ konzentriert sich Hannah Arendt darauf, das Wesen der menschlichen Existenz und Aktivität in der Welt zu verstehen. Ein zentrales Element, das Arendt manifestiert, ist die Bedeutung des Handelns für die menschliche Identität. Arendt argumentiert, dass Handeln die Essenz unserer Menschlichkeit ausmacht und die Quelle unserer Freiheit und Würde ist. Sie hebt hervor, dass Handeln mehr ist als eine gewöhnliche Tätigkeit. Vielmehr bringt es Neues in die Welt, bildet die Grundlage unserer Existenz und ermöglicht es, über die individuelle Lebensspanne hinaus Bedeutsames zu schaffen.
Bewusstes Handeln prägt unsere Menschlichkeit
Arendt unterscheidet zwischen Handeln und Arbeiten. Während Arbeit darauf abzielt, etwas zu produzieren, dient Handeln dazu, Ziele zu erreichen und mit anderen zu kommunizieren. Handeln ermöglicht es uns, etwas zu schaffen, das über unsere individuelle Existenz hinausgeht und in der kollektiven Erzählung verankert ist. Menschen können ihre Handlungen planen und die Konsequenzen absehen. Diese Fähigkeit zur bewussten Handlung unterscheidet uns von anderen Lebewesen und prägt unsere Menschlichkeit.
Handeln ist Ausdruck der Einzigartigkeit einer Person
Arendt betont, dass Sprache oft unzureichend ist, um die wahre Einzigartigkeit einer Person zu erfassen. Oberflächliche Beschreibungen können die wahre Individualität verschleiern. In diesem Kontext wird das Handeln zu einem Ausdruck der Einzigartigkeit einer Person. Durch Handeln manifestieren Menschen ihre Identität und Individualität in der Welt.
Daraus ergibt sich, dass eine Person nicht durch gängige Adjektive beschrieben werden kann, da diese mit anderen geteilt werden (z.B. blond, klug, groß, klein, alt, jung). Stattdessen tritt eine Person durch ihr Handeln aus der Masse hervor und wird erst dadurch als individuelles „Wer“ erkennbar. Dieses Heraustreten aus der Masse kann zugleich die größte Scheu oder sogar Scham hervorrufen. Diese Ambivalenz wird durch die Freude am eigenen Tun aufgehoben, durch das, was das Handeln bewirkt.
Wenn wir handeln, werden wir zu Subjekten unserer eigenen Geschichte und nicht länger nur Objekte der Umstände. In Arendts Perspektive gewinnen wir die Macht, uns selbst zu verändern und die Welt um uns herum zu gestalten.
Wer war Hannah Arendt?
Hannah Arendt war eine deutsch-amerikanische politische Theoretikerin und Philosophin jüdischer Herkunft. Sie wurde am 14. Oktober 1906 in Hannover, Deutschland, geboren, und verstarb am 4. Dezember 1975 in New York City, USA.
„Vita activa oder Vom tätigen Leben“ (1958): Hier untersucht sie die Unterschiede zwischen den verschiedenen Formen des menschlichen Handelns, des Arbeitens und des Denkens, und wie diese das öffentliche Leben und die Politik beeinflussen.